Montag, 15. Dezember 2014

Weihnachten 1930

Wir möchten nun mal einen kleinen Rückblick werfen, wie es früher zu Weihnachten war. Wie wurde Weihnachten im Jahre 1930 in Südtirol gefeiert? Gab es damals Geschenke? Ging man zur Messe? Kochte man ein üppiges Weihnachtsmal? Ein bisschen anders als Heute wurde Weihnachten schon gefeiert, wie anders, das könnt ihr nun hier in Ruhe nachlesen.




Das Weihnachtsfest wird im Bauernhause mit dem „heiligen Mahle“ eingeleitet. In meinem heimatlichen Elternhause verfertigte der Vater während des Vormittags aus Stroh einen Sprengwedel für das Weihwasser, der eine ganz bestimmte Form haben musste. Bevor das Mahl begann, wuschen sich alle Angehörigen des Hauses mit warmen Wasser, das in einem Holzgefäß in der Wohnstube aufgestellt wurde. Es war eine Art Reinigungsakt, der wahrscheinlich heidnischen Ursprunges sein dürfte, wie auch andere Bräuche sicherlich Überreste heidnischer Zeremonien sind. Nach der Waschung erschienen alle in feiertäglicher Kleidung in der Stube, wohin der Vater eine Pfanne mit glühenden Kohlen brachte. Zur Räucherung verwendete man sogenanntes „Kapuzinerpulver“ das die Kapuziner bei der Sammlung im Herbst statt der gereichten Gaben auf den leeren Teller legten dieses Kapuzinerpulver setzte sich aus duftenden Kräutern zusammen und wurde eigens für den Heiligen Abend und die übrigen Rauchtage ausbewahrt. Alle Anwesenden hielten nun einen Hut über die Räucherpfanne und setzten ihn dann so rasch als möglich auf. Hieraus knieten wir uns um den Tisch herum nieder und beteten fünf Vaterunser. Erst dann wurde das eigentliche Tischgebet verrichtet, worauf das „Heilige Mahl“ folgte. Die Speisenfolge war ebenfalls durch den Brauch geregelt. Den Schluss bildete eine Pfanne mit heißem Schmalz, in das man die Krapfen tauchen konnte, wenn man den Appetit dazu noch aufbrachte. Bei der Räucherung wurden auch alle Milchgefäße in der Stube geräuchert. Am Abend ging der Vater mit einem Knecht durch alle Räume des Gehöftes mit der Räucherpfanne und dem Weihwassergefäße, während dem laut gebetet wurde. 
In der Christnacht durfte niemand daheim dableiben oder gar andere Wege gehen, weil ihm sonst ein glühendes Schwein begegnete. Allbekannt ist der Glaube, dass in der Heiligen Nacht die Kühe im Stalle reden und die Toten des kommenden Jahres hinter der Kirche vorüberziehen.
Noch andere heimatliche Bräuche tragen fast orakelhaften Charakter. So das sogenannte „Schüssellucken“, wobei wichtige Zukunftsfragen gelöst werden sollen, wie z.B. Tod, Heirat, der Beruf und dergleichen. Wer am Dreikönigsabend der Bäuerin einen Krapfen stiehlt und dreimal ums Haus geht, begegnet seiner Braut oder seinem Bräutigam. Am Dreikönigstag hört manche Dirn die Drescher ihres zukünftigen Gatten; je nachdem ob er ein Kleinhäusler oder ein großer Bauer ist, dreschen einer oder auch achte.




Am Terentner Berg hört man an den Vorabenden der Weihnachtstage das Weihnachts-Horn blasen. Alle Leute treten aus den Häusern und hören zu, weil man es gehört haben muss. Der Grund ist mir nicht mehr in Erinnerung.
Selbstverständlich durfte früher wenigstens auf keinem Tisch der „Weihnachtszelten“ fehlen, der mit großer Sorgfalt zubereitet wurde. Zu Neujahr ist man bestrebt, einander mit dem Neujahrswünschen zuvorzukommen. Schlimm war es, wenn ein altes Weib einem zuerst das Neujahr abgewann. Das bracht Unglück. Schon gleich nach der Frühmesse ziehen die Kinder von Haus zu Haus und sprechen Reimverse, wofür sie Nüsse, Äpfel oder eine kleine Geldmünze erhalten.


Quelle: Josef Alpegger, Heimatliche Weihnachtsbräuche, in: Der Schlern, Zeitschrift für Heimat- und Volkskunde, 11. Jahrgang, 1930, S.501

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