Mittwoch, 19. Februar 2014

Schmerzerkennung beim Hund III

Tierphysiotherapeutin Kristin Geyer, bekannte Seminarleiterin bei uns im Hundehotel Mair am Ort in Dorf Tirol, hat uns beim letzten Blogeintrag über die Schmerzerkennung beim Hund mal kurz die Anatomie des Hundes aufgezeigt. Somit können wir mal von Grund auf verstehen, welche Funktionen welcher Teil des Hundekörpers übernimmt. Nun möchten wir hier ein bisschen mehr in die Tiefe reingehen und wir wenden uns explizit dem Thema Schmerz beim Hund zu. 

Nach einer kurzen Einführung was Schmerz bedeutet, zeigen wir auch anhand von Fotos welche Fehlstellungen der Hund haben könnte, und welche Schmerzen diese verursachen. All diese Infos können Sie dann auch bei einer Buchung beim Hundeseminar „Fit und gesund – ein Hundeleben lang“ mit Kristin Geyer im Hundehotel Mair am Ort vom 7. bis 14. Juni 2014 direkt erhalten.

 2 Schmerzerkennung beim Hund

2.1 Schmerz - was ist das?
• Definition: unangenehmes Sinnes-und Gefühlserlebnis, das mit tatsächlichen und/oder möglichen Gewebeschäden verbunden ist.
• Akutschmerz: Schadenfrühwarnsystem des Körpers. Er hat die Aufgabe, das Tier auf potentielle schädigende Reize aufmerksam zu machen. Es soll dazu veranlasst werden, die schmerzauslösende Ursache zu beseitigen, sich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen oder die Gliedmaße so schonen. Die Schmerzen sind meist von kurzer Dauer (weniger Sekunden bis Tage)
• Chronischer Schmerz: hat seine physiologische Funktion verloren. Er ist durch seine Verselbstständigung zur Erkrankung geworden. Die Lebensqualität ist erheblich eingeschränkt. Man spricht von chronischem Schmerz, wenn er länger als 3 Monate besteht. Er kann so quälend sein, dass es zur Verkrüppelung der Persönlichkeit des Individuums kommen kann.

 2.1.1 Körpereigene Schmerzdämpfung 

• Endorphinausschüttung =körpereigenes Morphium  als Reaktion auf einen starken Schmerz, kann der Organismus Schmerz wirksam ausschalten und das Tier für einen begrenzten Zeitraum handlungsfähig halten
 • Gate Control System  durch die Stimulation dicker, schnellleitender Nervenfasern, kommt es zu einer Hemmung der dünnen, langsamen leitenden nozizeptiven Nervenfasern (Fasern, die den Schmerz zum Gehirn leiten). Der Reiz der über die schnellleitenden Fasern kommt schließt die Eingangspforte zum Gehirn, so dass der Schmerzreiz nicht zum Gehirn vordringen kann (Reiben der Haut nachdem man sich gestoßen hat)

 2.2 Wie erkenne ich dass mein Hund Schmerzen hat?

 • Akutschmerz:
 o meist leichter zu erkennen als der chronische
o tritt plötzlich auf
o betroffene Körperregion wird heftig bearbeitet(Belecken, Benagen, Beißen, Kratzen) oder geschont (Gliedmaßen)
o Hund versucht sich menschlicher Berührung im Schmerzgebiet zu entziehen
o Hunde liegen oft auf der betroffenen Seite  Schmerzlinderung durch fixierte Position (Frakturen oder Luxationen)

• Chronische Schmerzen o Beurteilung schon deutlich schwieriger
o Auch hier wird die betroffene Gliedmaße geschont  je nach Schmerzgrad oft allerdings für den Besitzer fast nicht wahrnehmbar
o Patienten suchen manchmal den Druck durch Berührung an der schmerzhaften Stelle

 2.2.1 Veränderungen in der Haltung 



2.2.2 Betrachtung von der Seite

• Steht der Hund mit einem aufgezogenen Rücken da (Kamel-oder Karpfenrücken) deutet das auf schmerzhafte Prozesse im Rücken
• Belastet der Hund im Stand alle vier Pfoten gleichmäßig (an Spreizung der Zehen zu erkennen) oder entlastet er grundsätzlich immer dieselbe Pfote, sobald er steht?
• Die Lotlinie wird an den Vordergliedmaßen vom oberen Schulterrand aus gefällt und sollte den Boden in der Pfotenmitte berühren.
• Berührt die Lotlinie vor der Pfote den Boden steht der Hund rückständig, d.h.er stellt seine Vorderbeine zu weit unter den Körper  das sieht man häufig bei Hunden, die Probleme in der Hinterhand haben und versuchen mehr Gewicht auf die Vorhand zu legen um so die Hinterhand zu entlasten
 • Berührt die Lotlinie hinter der Pfote den Boden steht der Hund vorständig, d.h. er stellt seine Vorderbein zu weit nach vorn  Entlastung der Vorderbeine aufgrund schmerzhafter Prozesse
 • Die Lotlinie wird an den Hintergliedmaßen vom Hüftgelenk aus gefällt und sollte in der Pfotenmitte den Boden berühren  steht die Pfote vor der Linie, steht der Hund vorständig  Entlastung der Hinterbeine, Verlagerung des Körpergewichts nach vorn
 • Steht die Pfote hinter der Linie, steht er rückständig  Fehlstellung der Gliedmaße, kann die Leistungsfähigkeit des Hundes einschränken und dazu führen, dass sich die Gelenkknorpel vor allem im Hüftgelenk schneller abnutzen
• Wie ist die allgemeine Bemuskelung des Hundes  Ist er symmetrisch bemuskelt und wirkt der Körper proportioniert oder sieht man Abweichungen von einer Seiter zur anderen  Bodybuilderform  vorne ausgeprägte Bemuskelung mit schwacher Hinterhand  Probleme in der Hinterhand  Hund verlagert sein Gewicht nach vorn und versucht seine Hinterhand zu entlasten

 2.2.2.1 Betrachtung von vorn


 • Die Vorderbeine sollten parallel zueinander stehen und senkrecht zum Boden


 • Wird eine Pfote zur Seite abgestellt  Entlastungshaltung der Gliedmaße





 • Wird das Ellenbogengelenk an den Körper gepresst und die Pfote und der Unterarm werden nach außen weggestellt  Hinweis auf Probleme im Ellenbogengelenk
 • Boden-/Zehenenge Stellung  O-Beinigkeit  Vorderläufe streben nach unten zusammen und die Pfoten sind einwärts gedreht  Hunde zeigen einen watschelnden, kreuzenden Gang  sieht man häufiger bei älteren Hunden  Hinweis auf Ellenbogenerkrankung/ Schultergelenkerkrankung •
 • Bodeneng/Zehenweite Stellung streben die Vorderläufe zusammen und die Pfoten sind auswärtsgedreht 

2.2.2.2 Betrachtung von hinten 

• Von hinten betrachtet sollte ein von den Sitzbeinhöckern gefälltes Lot den Boden in der Pfotenmitte berühren d.h. die Hintergliedmaßen sollten senkrecht unter den Sitzbeinhöckern stehen und eine gerade Stützsäule bilden


 • Wird eine Gliedmaße zur Seite abgestellt oder entlastet?


 • O-Stand  die Knie sind nach innen rotiert und die Sprunggelenke zeigen nach außen  kann auf Knieprobleme hindeuten

 • X-Stand  oder kuhhessiger Stand  Knie sind nach außen gerichtet und die Sprunggelenke zeigen nach innen  zeigen häufig Hund mit einer fortgeschrittenen HD  die Knie werden zur Entlastung der Hüftgelenke nach innen gestellt, damit der Hund aber gleichzeitig seine Standfestigkeit nicht verliert dreht er die Pfoten nach außen;
 • A-Stand  bodenweite Stellung: die Läufe bilden zwar eine Gerade, aber sie stehen nicht senkrecht unter dem Körper, sondern bilden ein A;
• Auf die Schwanzhaltung achten  hängt der Schwanz gerade, locker nach unten oder wird er vermehrt zu einer Seite getragen.



 Schwanz wird meist in Richtung der schmerzhaften Seite getragen.

  Beim nächsten Teil rund um die Schmerzerkennung beim Hund widmen wir uns dann dem Gangbild und den Veränderungen im Gangbild.

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